2/3 der Klimaauswirkungen des Flugverkehrs waren 2018 auf Nicht-CO2-Effekte zurückzuführen
Die Emissionen aus dem Flugverkehr steigen schneller als in jedem anderen Verkehrsbereich. Alternative Kraftstoffe und sauberere Technologien können helfen, die Luftfahrt umweltfreundlicher zu gestalten.
2/3 der Klimaauswirkungen des Flugverkehrs waren 2018 auf Nicht-CO2-Effekte zurückzuführen
Der Flugverkehr trägt erheblich zum Klimawandel bei. Flugzeuge verbrennen fossile Brennstoffe, die nicht nur CO2-Emissionen freisetzen, sondern durch Stickoxide (NOx), Kondensstreifen und Wolkenbildung auch stark erwärmende Nicht-CO2-Effekte haben. Diese entstehen durch die Höhe, in der die Flugzeuge fliegen. Nicht-CO2-Effekte tragen doppelt so stark zur Erderwärmung bei wie die CO2-Emissionen der Flugzeuge. 2018 waren Nicht-CO2-Effekte für zwei Drittel der Klimaauswirkungen des Flugverkehrs verantwortlich.
Im Flugverkehr sind die Emissionen schneller gestiegen als in allen anderen Verkehrsbereichen. Zwischen 1990 und 2019 haben sie sich mehr als verdoppelt. Ihr Anteil an den europäischen Gesamtemissionen wuchs von 1,5 Prozent im Jahr 1990 auf 4,7 Prozent im Jahr 2019. Es wird erwartet, dass sich der Sektor bis 2024 vollständig vom Einbruch durch die Covid-Pandemie erholt hat.
Wenn die Emissionen des Flugverkehrs nicht reduziert werden, könnten sie sich bis 2050 mehr als verdoppeln (im Vergleich zu 2019). Das würde bedeuten, dass der Sektor mehr als 10 Prozent des Kohlenstoffbudgets verbraucht, das noch zur Verfügung steht, um die globale Erwärmung unter 1,5°C zu halten.
Im Gegensatz zum Kyoto-Protokoll, das spezifische Emissionsziele nur für Industrieländer vorsah, fordert das Abkommen von Paris alle Staaten auf, "wirtschaftsweite" Emissionsreduktionsziele zu beschließen. Das bedeutet, dass der Luftfahrtsektor wie alle anderen Sektoren unter das Abkommen fällt.
Um die Einhaltung des Abkommens von Paris in der Luftfahrt zu gewährleisten, fordert T&E die Einbeziehung der Luftverkehrsemissionen in die nationalen Klimabeiträge (Nationally Determined Contributions, kurz: NDCs). Dies würde Staaten dazu ermutigen, Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene zu ergreifen, um die Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima zu bekämpfen. Das 2030-Ziel der EU umfasst bereits Emissionen des ausgehenden Flugverkehrs (auch wenn diese in der Praxis in keiner Gesetzgebung enthalten sind). Andere Länder sollten diesem Beispiel folgen, wie das Vereinigte Königreich. 2021 traf es die Entscheidung, als erste große Volkswirtschaft über die Emissionen ihrer Fluggesellschaften und Schiffe im Rahmen ihres Kohlenstoffbudgets Bericht zu erstatten.
Derzeit arbeiten die Akteure mit der UN-Luftfahrtbehörde, der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO), an der Verabschiedung globaler Maßnahmen wie einem langfristigen Emissionsreduktionsziel und einem globalen Kompensationssystem (CORSIA). Eine UN-Organisation mit 193 Mitgliedern kann jedoch nur begrenzt ehrgeizig sein. Daher sind ehrgeizigere und wirksamere Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene erforderlich.
Neben CO2 emittieren Flugzeugtriebwerke Feinstaub (Ruß) und andere Gase wie Stickoxide (NOx), Schwefeldioxid (SO2) und Wasser (H2O). Wenn dies in großer Höhe geschieht, beeinflussen diese Emissionen die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Atmosphäre. Dies führt zu einem Anstieg der Treibhausgase und zur möglichen Bildung von langlebigen Kondensstreifen-Zirren. Diese hohen, linienförmigen Wolken halten die Wärme der Erde zurück.
Dies führt zu einem Netto-Erwärmungseffekt, der bis zu dreimal stärker sein kann als die Erwärmung durch die CO2-Emissionen des Luftverkehrs.
Allerdings sind die Auswirkungen von Nicht-CO2-Effekten immer nur von kurzer Dauer – d.h. die Luftfahrt könnte mit Maßnahmen gegen die Effekte schnell und wirksam ihren Anteil an der globalen Erwärmung reduzieren, was ein wichtiger Erfolg im Kampf gegen den Klimawandel wäre.
Trotz der erheblichen Klimaauswirkungen von Nicht-CO2-Effekten, gibt es weder auf regionaler noch auf globaler Ebene Maßnahmen, um sie zu bekämpfen.
Langlebige Kondensstreifen entstehen vor allem durch Ruß und andere Emissionen in kalten und feuchten atmosphärischen Gebieten, den so genannten Ice Super Saturated Regions (ISSRs). Doch es gibt Lösungen, um sie zu bekämpfen.
Um die Nicht-CO2-Effekte zu reduzieren, können Flugzeuge saubere Kraftstoffe verwenden. Dadurch werden weniger Schadstoffe freigesetzt. Kraftstoffe mit hohem Aromaten- und Naphthalingehalt verstärken die Rußbildung, was wiederum zur Bildung langlebiger Kondensstreifen führt. Eine Möglichkeit, den Aromaten- und Naphthalingehalt in Flugtreibstoffen zu reduzieren, ist die so genannte ist das sogenannte Hydrotreating fossiler Kraftstoffe. Eine Senkung des Aromatengehalts von fossilem Düsenkraftstoff auf 8-10 Prozent ist ohne große Kosten möglich und könnte Nicht-CO2-Effekte erheblich verringern.
Um die Nicht-CO2-Effekte zu reduzieren, ist es außerdem wichtig, Flüge durch feuchtkalte Gebiete zu vermeiden. Veränderte Flugrouten, niedrigere Flughöhen oder kleinere Umleitungen können die Bildung von Kondensstreifen vermeiden. Würden zum Beispiel in Japan weniger als 2 Prozent der Flüge umgeleitet, würde dies den Erwärmungseffekt der Kondensstreifen um 60 Prozent reduzieren.
Damit Forschende besser vorhersagen können, welche Regionen gemieden werden sollten, müssen die Fluggesellschaften mit der EU zusammenarbeiten und die gesammelten Daten über ihre Flugrouten zur Verfügung stellen.
Das Ausmaß der Nicht-CO2-Effekte des Flugverkehrs wurde erstmals 1999 vom Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) aufgezeigt. Seitdem wurde viel über die Auswirkungen und die Möglichkeiten zur Bekämpfung dieser Emissionen geforscht.
Die Europäische Kommission hat sich 2008 erstmals mit den Nicht-CO2-Emissionen des Flugverkehrs befasst und bei der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) einen wegweisenden Bericht in Auftrag gegeben, der 2020 veröffentlicht wurde. Darin werden die Klimaauswirkungen der Nicht-CO2-Emissionen auf das Doppelte der CO2-Emissionen des Luftverkehrs geschätzt. Es werden auch einige Minderungsmaßnahmen vorgeschlagen.
Diese Maßnahmen, und die Nicht-CO2-Effekte im Allgemeinen, werden in der EU jedoch kaum berücksichtigt. Dadurch verliert die EU wertvolle Zeit, um den größten Teil der Klimaauswirkungen des Luftverkehrs zu reduzieren.
E-Fuels wie Power-to-Liquid sind eine potenzielle Quelle für kohlenstofffreie oder -ärmere alternative Kraftstoffe. E-Kerosin ist der einzige Treibstoff, der nachhaltig ausgebaut werden kann, um die Klimaauswirkungen des Luftverkehrs zu verringern. Allerdings erfordern sie enorme Mengen an erneuerbarer Energie und ihre Umweltwirksamkeit hängt davon ab, woher das zur Herstellung der Treibstoffe benötigte CO2 stammt.
Emissionsfreie Flugzeuge wie Wasserstoff- oder Elektroflugzeuge können dazu beitragen, die Emissionen des Luftverkehrs auf kürzeren Strecken zu verringern. Für die Entwicklung dieser Flugzeuge sind jedoch noch erhebliche Finanzmittel erforderlich, damit sie Mitte der 2030er Jahre tatsächlich abheben können.
Aktuell ist es technisch noch schwierig, Emissionen in der Luftfahrt zu reduzieren. Gleichzeitig heben immer mehr Flüge ab und die Emissionen des Sektors steigen stark an. So stark, dass eine Reduzierung der Nachfrage kein Tabuthema mehr sein darf. Politiker:innen sollten sich zumindest nicht leichtfertig für endloses Wachstum des Luftverkehrs einsetzen, obwohl sie wissen, wie schwierig es ist, den Sektor zu dekarbonisieren.
Es gibt bereits einfache Mittel, den Bedarf zu reduzieren. Für kürzere Strecken sind nachhaltigere Verkehrsmittel wie die Bahn eine Alternative. Statt vieler kohlenstoffintensiver Kurzurlaube könnte eine längere Reise helfen, Emissionen einzusparen. Und manche Geschäftsreisen lassen sich durch Telefonkonferenzen ersetzen. Das Potential für Emissionseinsparungen ist hier enorm: Würden wir den Geschäftsreiseverkehr auf 50 Prozent des Niveaus vor der COVID-Pandemie reduzieren, könnten allein in Europa die CO2-Emissionen um 32,6 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 gesenkt werden senken.
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