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Überholt: Wie das Verkehrsministerium Autobahnen und Bundesstraßen mit veralteten Daten plant

Juni 6, 2024

Das Verhältnis von Nutzen zu Kosten entscheidet über den Bau von Autobahnen und Bundesstraßen. Doch die Erstellung des letzten Bedarfsplans für deutsche Fernstraßen, dem Bundesverkehrswegeplan (BVWP), liegt zehn Jahre zurück. Zentrale Daten sind inzwischen überholt. T&E und Greenpeace haben die Nutzen-Kosten-Analyse aktualisiert. Das Ergebnis: Bei 665 der 1045 Projekte übersteigen die heute zu erwartenden Kosten ihren gesellschaftlichen Nutzen, sie sind also unwirtschaftlich und dürften nicht umgesetzt werden. 

Dass schon so kleine Veränderungen so viele Projekte in Frage stellen, ist ein Problem für die gesamte Rechtfertigungsgrundlage des BVWP. Auch bei Projekten, die nach der Aktualisierung höhere Nutzen als Kosten haben, ist die Wirtschaftlichkeit der Projekte zweifelhaft.

  • Die Methodik der Nutzen-Kosten-Analyse des Bundes für die Auswahl zu finanzierender Straßenprojekte ist undurchsichtig und lückenhaft: Umweltauswirkungen werden nur unzureichend berücksichtigt, Zeitgewinne werden überbewertet und zusätzliche Pkw-Fahrten positiv bewertet.

  • Berücksichtigt man die aktualisierten Schätzungen des Bundesverkehrsministeriums (BMDV) zu gestiegenen Baukosten, übersteigen bei 115 der 1045 (11 Prozent) bewerteten Fernstraßen-Projekten des BVWP die Kosten ihren schon zuvor fragwürdigen Nutzen - sie sind unwirtschaftlich. Bei den in der Planung weit fortgeschrittenen Projekten machen die gestiegenen Kosten sogar etwa jedes fünfte Projekt (19,2 Prozent) unrentabel.

  • Eingerechnet der aktualisierten Baukostenschätzungen des BMDV und der jüngsten CO2-Sätze des Umweltbundesamtes, sind die erwarteten Kosten von 241 der 1045 bewerteten Fernstraßen-Projekte größer als ihre Nutzen. Diese unwirtschaftlichen Projekte stehen mit 54,7 Milliarden Euro für mehr als 40 Prozent der geplanten Gesamtinvestitionen.

  • Bei weiteren 260 Projekten ergibt die um Baukostensteigerungen und jüngere CO2-Sätze aktualisierte Nutzen-Kosten-Analyse nur noch ein geringfügig positives Nutzen-Kosten-Verhältnis zwischen 1 und 2.

  • Z.B. ist bei den umstrittenen Großprojekten A20 (5,7 Mrd. Euro), A39 (1,7 Mrd. Euro), A8 (3,7 Mrd. Euro) ist der angenommene Nutzen mit aktuellen Zahlen eindeutig kleiner als die Kosten.

  • Berücksichtigt man zusätzlich die CO2-Kosten des Verkehrs, der durch die neuen Straßen erst noch geschaffen wird (induzierter Verkehr), so werden insgesamt 665 der 1045 Projekte mit geplanten Investitionssummen von zusammen 96,5 Mrd. Euro (74 Prozent der veranschlagten Investitionssummen) unwirtschaftlich.

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