Kurzfristig können Zölle den EU-Herstellern helfen, aber sie müssen die Elektrifizierung vorantreiben, um zu überleben
Nach einer neuen Analyse von Transport & Environment (T&E) werden 2024 voraussichtlich ein Viertel (25 Prozent) der in Europa verkauften Elektrofahrzeuge in China hergestellt. Im vergangenen Jahr lag der Anteil europaweit bereits bei fast einem Fünftel (19,5 Prozent), in Deutschland waren es 15 Prozent. Aktuell zieht die EU Importzölle in Erwägung, um Subventionen für Chinas Elektroautoindustrie entgegenzuwirken. Laut T&E tragen Zölle dazu bei, die Produktion von Elektroautos zu lokalisieren. Allerdings sind Produktionssteigerungen von Elektroautos für den Massenmarkt und Investitionen in die europäische Batterielieferkette die einzige Möglichkeit für EU-Automobilhersteller, mit chinesischen Marken zu konkurrieren.
Während es sich bei den chinesischen Importen bisher größtenteils um dort produzierte Tesla-, Dacia- und BMW-Fahrzeuge handelt, geht T&E davon aus, dass chinesische Marken 2024 einen Anteil von 11 Prozent am europäischen Elektromarkt erreichen könnten. 2027 könnte er auf 20 Prozent steigen. Die konservativ angesetzte Prognose geht von einem linearen Wachstum des Marktanteils chinesischer OEMs auf der Grundlage der letzten beiden Jahre aus. Allerdings strebt allein BYD bis 2025 einen Anteil von 5 Prozent am europäischen Elektroautomarkt an.
Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E-Deutschland, sagt: “Durch Zölle können wir sicherstellen, dass die Hersteller ihre Produktion nach Europa verlegen oder hier vor Ort ausbauen. So sichern wir Arbeitsplätze und Expertise in Europa und ermöglichen einen fairen Wettbewerb. Aber Zölle werden die etablierten europäischen Autohersteller nicht ewig schützen. Chinesische Unternehmen werden Fabriken in Europa bauen. Unsere Autoindustrie muss darauf vorbereitet sein.”
Das Anheben der EU-Zölle um 25 Prozent für alle Fahrzeugimporte aus China würde mittelgroße Fahrzeuge und SUVs teurer machen als vergleichbare europäische Modelle – ein Argument für die Produktion in Europa, so die T&E-Analyse. Kompakte SUVs und größere Autos, die aus China importiert werden, dürften trotz solcher Zölle etwas billiger bleiben.
Die EU sollte jedoch nicht darauf abzielen, ihre Autohersteller vor einem fairen Wettbewerb zu schützen. Ohne Wettbewerb würde das Angebot an erschwinglichen Elektroautos für europäische Konsumenten eingeschränkt bleiben, so T&E. Es ist entscheidend, dass höhere Zölle mit einem regulatorischen Vorstoß zur Steigerung der Produktion von Elektroautos einhergehen, Elektrifizierungsziele für Firmenwagenflotten bis 2030 eingeschlossen. Das muss zusätzlich zu dem vereinbarten Ziel geschehen: 100 Prozent emissionsfreie Autos ab 2035.
Aber auch Investitionen in Lithium-Ionen-Batterien sind gefährdet, da die in China hergestellten Zellen mindestens 20 Prozent billiger sind als in Europa. Zudem haben chinesische Batteriehersteller in den Bereichen Technologie und Lieferketten einen Vorsprung. Auch die USA setzen durch großzügige Subventionen starke Anreize für Batterie-Investitionen. T&E sagte, dass industrielle Maßnahmen notwendig sind, z.B. Subventionen für saubere und zirkuläre Produktion und “Made in EU”-Ziele, um einen Anreiz für die lokale Zellproduktion zu schaffen. Da beides derzeit nicht vorhanden ist, sollten Zölle für Batteriezellen in Betracht gezogen werden. Die EU hat mit 1,3 Prozent derzeit die niedrigsten Zölle für Batteriezellen – gegenüber 10 Prozent in China und fast 15 Prozent für in die USA eingeführte chinesische Batteriezellen.
Sebastian Bock sagte: “Batterien sind die neuen Solarzellen. China hat die Nase vorn und seine staatlich geförderten Unternehmen haben enorme Überkapazitäten. Wenn wir es ernst meinen mit einer nachhaltigen und sicheren Batterielieferkette in Europa, müssen wir jetzt Nägel mit Köpfen machen. Eine zweite Chance werden wir nicht bekommen.”
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