Der heute vorgestellte Plan der EU zum Verkauf von 100 % emissionsfreien Autos im Jahr 2035 wird Elektrofahrzeuge in Europa zur Normalität machen und die Jobs von morgen nach Europa bringen, so die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E). Autos sind für 12 % aller Treibhausgasemissionen in Europa verantwortlich. Der Umstieg von umweltschädlichen Verbrennungsmotoren auf vollelektrische Fahrzeuge ist ein entscheidender Schritt, um bis Mitte des Jahrhunderts Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Hinzukommend könnte ein neuer Kohlenstoffmarkt für Kraftstoffe im Straßenverkehr die Preise für Benzin und Diesel bis 2028 um etwa 5 Cent pro Liter erhöhen, insofern er genehmigt wird.
Das heute veröffentlichte “Fit for 55”-Paket sieht zudem vor, die Steuerbefreiung für umweltschädliches Kerosin für Flugzeuge abzuschaffen und es im Laufe der Zeit durch umweltfreundliche Alternativen zu ersetzen. Weiterhin soll der Ausbau elektrischer Ladeinfrastruktur für Pkw und Lkw beschleunigt werden. In starkem Kontrast zu diesen progressiven Maßnahmen steht die massive Förderung des fossilen LNGs in der Schifffahrt, durch die eine jahrzehntelange Beibehaltung der Emissionen droht.
Stef Cornelis, Direktor Deutschland bei T&E, sagte: „Das ist ein Wendepunkt für die Autoindustrie und eine gute Nachricht für Autofahrer. Durch die neuen EU-Bestimmungen wird das Angebot von E-Autos weiter steigen und das Laden erschwinglich und einfach sein. Es ist auch eine zukunftsfähige Industriepolitik. Statt Technologien und Kraftstoffe zu importieren, werden wir die Jobs von morgen in Europa und Deutschland schaffen. Bindende Vorgaben erst ab 2030 einzuführen, ist allerdings viel zu spät. Unser Planet kann es sich nicht leisten, dass die Autoindustrie weitere neun Jahre lang viel redet, aber wenig tut. Deshalb brauchen wir bereits 2027 ein Zwischenziel.”
Autos und Transporter
Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, dass die Automobilhersteller die Emissionen von Neuwagen bis 2030 um 55 % und bis 2035 um 100 % reduzieren müssen. Laut T&E sind Zwischenziele ab spätestens 2027 notwendig, damit Automobilhersteller ihre Produktion von emissionsfreien Fahrzeugen zeitnah hochfahren. Nur so können die Kosten von E-Autos weiter gesenkt werden, was wiederum die Kaufbereitschaft der Kunden erhöht. Dank der EU-Ziele für 2020-2021 sind die Verkäufe von E-Autos in den letzten 18 Monaten in die Höhe gegangen und viele Europäer haben ihr erstes E-Auto gekauft. T&E warnte jedoch davor, dass ein zu schwaches CO2-Ziel von – 50 % für die Hersteller von Transportern und Lieferwagen im Jahr 2030 nur wenig zur Elektrifizierung der Fahrzeugmodelle mit den am stärksten anwachsenden Emissionen im Straßenverkehr beitragen wird.
Ladeinfrastruktur
Ab 2025 wird es neue Zielvorgaben für Ladepunkte für elektrische Pkw und Lkw geben. Im Rahmen des Plans müssen die EU-Länder sicherstellen, dass es genügend Lademöglichkeiten für die Anzahl der Elektroautos auf der Straße gibt, damit die Autofahrer sicher sein können, dass sie überall dort laden können, wo sie leben und arbeiten, und sogar, wenn sie grenzüberschreitend Urlaub machen. Der emissionsfreie Lkw-Verkehr wird durch neue Ziele für E-Lkw-Ladestationen auf Autobahnen und in Großstädten einen kräftigen Aufschwung erhalten.
Stef Cornelis dazu: „Zum ersten Mal signalisiert die EU, dass die Zukunft des Lkw-Verkehrs emissionsfrei ist. Sie verlangt von den Staaten, dass sie mit dem Bau von Ladestationen beginnen, die die Lkw der Zukunft mit Strom versorgen werden. Das ist eine großartige Nachricht.”
Luftverkehr und Schifffahrt
Flugzeuge werden künftig nachhaltige Kraftstoffe verwenden müssen – eine weltweite Premiere. Ab 2030 soll der Anteil von umweltfreundlichen, wasserstoffbasierten Kraftstoffen an Flugzeugtreibstoffen 0,7 % betragen. Bis 2035 soll der Anteil auf 5 % ansteigen. Außerdem werden die Fluggesellschaften endlich anfangen müssen, Steuern auf fossiles Kerosin zu zahlen, so wie es Autofahrer an der Tankstelle tun.
Jekaterina Boening, Senior Policy Manager Deutschland bei Transport & Environment, hierzu: „Es ist endlich an der Zeit, die Steuerbefreiung in der Luftfahrt zu beenden. Aber es reicht nicht aus, Kerosin nur zu besteuern. Wir müssen den Flugverkehr sauberer machen. Der beste Weg dahin ist ein ehrgeiziges E-Fuel-Mandat. Der Vorschlag der EU-Kommission von 0,7 % im Jahr 2030 ist noch nicht ambitioniert genug.”
Die Schifffahrt, der weltweit größte Trittbrettfahrer in puncto Klima, soll nach dem Vorschlag der Kommission verpflichtet werden, ihre Emissionen über das EU-Emissionshandelssystem zu drosseln. T&E zufolge würde das geplante Mandat für “grüne” Treibstoffe im Seeverkehr jedoch den Markt für LNG, einen fossilen Treibstoff, sowie für nicht-nachhaltige Biokraftstoffe ankurbeln, statt grüne, wasserstoffbasierte E-Fuels zu fördern. Große Häfen müssten sogar Milliarden in eine neue Gasbetankungsinfrastruktur investieren.
Jekaterina Boening erklärte: „Zu lange war die Schifffahrt ein blinder Fleck der Klimapolitik. Es ist richtig, dass die Schiffsbetreiber nun für ihren CO2-Ausstoß zur Kasse gebeten werden sollen. Aber mit der Förderung von LNG und Biokraftstoffen wählt die Kommission ein Heilmittel, das schlimmer als die Krankheit ist. Stattdessen brauchen wir ein Gesetz für grüne maritime Kraftstoffe, das die wirklich umweltschonenden Kraftstoffe wie E-Ammoniak und grünen Wasserstoff fördert.”
Erneuerbare Energien, CO2-Preis und nationale Klimaziele
Das von der EU vorgeschlagene Gesetz für grüne Kraftstoffe, die Renewable Energy Directive, ist eine verpasste Chance für die Biokraftstoffpolitik der EU, so T&E. Es wird nichts unternommen, um ein Ende der konventionellen Biokraftstoffe herbeizuführen, die mehr Emissionen verursachen als die fossilen Kraftstoffe, die sie ersetzen sollen.
Jekaterina Boening hierzu: „Das neue Gesetz für grüne Kraftstoffe ist eine verpasste Chance, die fehlgeschlagene Biokraftstoffpolitik der EU durch einen vollständigen Ausstieg aus Biosprit zu korrigieren. Die Aufgabe der REDIII ist es, zu bewirken, dass die Kraftstoffproduzenten einen Beitrag zur Finanzierung der Ladeinfrastruktur leisten und sich so wirklich an der Verkehrswende beteiligen. Klimaschutz im Straßenverkehr mittels Biokraftstoffen gehört in die Vergangenheit.”
Die Kommission schafft auch einen Kohlenstoffmarkt für Benzin und Heizöl, der ab 2026 in Kraft treten soll. Es wird erwartet, dass das die Kraftstoffkosten im Straßenverkehr bis zum Jahr 2028 um 5 Cent erhöhen wird. Laut des Vorschlags der EU würde die Hälfte der Einnahmen an Haushalte mit geringem Einkommen zurückgegeben werden. Die Kommission schlug außerdem vor, die nationalen Klimaziele zur “Lastenteilung” nach oben zu korrigieren, was die Mitgliedsstaaten dazu bringen soll, ehrgeizige EU-Regulierung zu unterstützen und nationale Maßnahmen zu ergreifen, wie z.B. die Beendigung von Subventionen für klimaschädliche Firmenwagen.
Jekaterina Boening erklärte: „Um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, setzt die EU zu Recht auf nationale Klimaziele und saubere Autos mittels CO2-Flottengrenzwerten. Die CO2-Bepreisung soll eine Lenkungswirkung entfalten, spielt aber nur eine untergeordnete Rolle bei der Reduktion der Emissionen im Straßenverkehr. Dies ist ein richtiger Ansatz für die gesellschaftliche Akzeptanz von Fit for 55. Beginnend mit niedrigen CO2-Preisen sollen die Einnahmen an Familien mit niedrigem Einkommen zurückfließen. Trotz dieser Maßnahme stößt der Vorschlag auf Widerstand aus vielen Mitgliedstaaten und es könnte Jahre dauern, bis er umgesetzt wird.”
Die neu gefasste Renewable Energy Directive (RED III) erfordert eine Umsetzung in deutsches Recht. T&E hat dafür Prioritäten definiert.
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