Kondensstreifen erwärmen die Erde alarmierend schnell. Durch veränderte Flugrouten könnten sie wirksam reduziert werden. Die Mehrkosten liegen laut Studie bei einem Flug von Frankfurt nach Washington bei knapp 4 Euro pro Person.
Eine neue Studie von Transport & Environment (T&E) kommt zu dem Ergebnis, dass durch veränderte Flugrouten von nur wenigen Flügen die globale Erwärmung durch Kondensstreifen bis 2040 über die Hälfte reduziert werden könnte. Kondensstreifen entstehen, wenn Flugzeuge durch kalte und feuchte Luft fliegen. Ihr Nettoerwärmungseffekt auf die Erde ist mindestens genauso wichtig, wie der der CO2-Emissionen des Flugverkehrs.
Nur wenige Flüge (3 Prozent) haben den schädlichsten Einfluss auf das Klima (80 Prozent). [1] Ihre Routen müssten zur Vermeidung von Kondensstreifen nur auf kleinen Streckenabschnitten verändert werden. Dabei würden sie nur 5 Prozent oder weniger zusätzlichen Treibstoff verbrauchen. Umgerechnet auf die gesamte Flotte, läge der zusätzliche Treibstoffverbrauch bei lediglich knapp 0,5 Prozent pro Jahr. Damit ist der Klima-Nutzen, der durch die Vermeidung von Kondensstreifen entsteht, immer größer als der Nachteil infolge der zusätzlichen CO2-Emissionen der neuen Routen. Ausgehend von zusätzlichen CO2-Emissionen und Genauigkeitsniveaus, die bereits heute bei Flugtests erreicht werden, ist der Nutzen für das Klima 15 bis 40 Mal größer als der CO2-Nachteil. [2] Es ist anzunehmen, dass diese Vorteile mit dem technologischen Fortschritt noch zunehmen werden.
Marte van der Graaf, Referentin für Luftfahrt bei T&E Deutschland, sagt: “Der Luftverkehrsbranche wird eine einfache und kostengünstige Möglichkeit angeboten, ihre Auswirkungen auf das Klima zu verringern. Die Vorteile der Vermeidung von Kondensstreifen für das Klima sind enorm und die Lösungen werden täglich besser, auch wenn einige Industrievertreter:innen versuchen, das Problem herunterzuspielen. Der Sektor muss endlich anpacken, wo es möglich ist. Es gibt keine Ausrede mehr, nicht zu handeln.”
Als Klimaschutzmaßnahme ist die Vermeidung von Kondensstreifen besonders kostengünstig. Nach einer konservativen Schätzung der Studie, würde es bei einem Flug von Frankfurt nach Washington weniger als 4 € pro Ticket kosten, den Flug Kondensstreifen-vermeidend umzuleiten. In diesem Preis sind der zusätzliche Treibstoff und alle mit der Vermeidung von Kondensstreifen verbundenen Technologien (Feuchtigkeitssensoren, Satelliten usw.) enthalten. Pro Tonne CO2-Äquivalent, die vermieden wird, ist dies mehr als 15-mal billiger als andere Lösungen für den Klimaschutz wie die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS). Gleichzeitig könnte die Maßnahme in großem Maßstab umgesetzt werden.
Fluggesellschaften, Start-ups und andere Akteure setzen die Vermeidung von Kondensstreifen bereits in der Praxis um. 2023 fand ein Versuch mit 70 Flügen statt, bei dem 54 Prozent der Kondensstreifen vermieden werden konnten. Gleichzeitig wurde der Treibstoffverbrauch auf Flottenebene um schätzungsweise 2 Prozent erhöht. Um sicherzustellen, dass die Vermeidung von Kondensstreifen in großem Umfang eingesetzt wird, empfiehlt T&E, dass Kondensstreifen ab 2027 auch auf allen Flügen, die in der EU starten und landen, überwacht werden und dass die Regulierungsbehörden den europäischen Luftraum auf die Einbeziehung der Kondensstreifenvermeidung vorbereiten. Die EU sollte vorrangig Mittel für die Forschung zur Vermeidung von Kondensstreifen bereitstellen und denjenigen Fluggesellschaften und Herstellern, die den Anfang machen, Anreize bieten, bis diese Technologien zum Standard werden.
"Es gibt nur sehr wenige Klimaschutzmaßnahmen, die so schnell, zu so geringen Kosten und mit geringen Auswirkungen auf Industrie und Verbraucher:innen umgesetzt werden können. Dies kann jedoch nur geschehen, wenn wir die Eindämmung von Kondensstreifen in unsere Klimaziele einbeziehen und wirksame Maßnahmen zur Überwachung und Vermeidung von Kondensstreifen ergreifen und Lösungen vorschreiben. Wir können und müssen unseren Himmel in den nächsten zehn Jahren frei von wärmenden Kondensstreifen machen. Politik und die Industrie können es sich nicht leisten, die Klimachance dieses Jahrzehnts zu verpassen“, sagt van der Graaf.
ENDE
Anmerkungen für die Redaktion:
[1] Auswirkungen des Luftverkehrs, wie Stickoxide und Kondensstreifen, erwärmen den Planeten mindestens genauso stark wie die CO2-Emissionen. Kondensstreifen lösen sich meist innerhalb weniger Minuten auf. Unter bestimmten Bedingungen können sie jedoch in der Atmosphäre verbleiben, sich ausbreiten und zu künstlichen Zirruswolken werden, die eine wärmende Wirkung haben. Im Jahr 2018 wurde in einer wegweisenden Studie ermittelt, dass der effektive Strahlungsantrieb durch Kondensstreifen größer ist als der durch den historischen CO2-Ausstoß des Sektors seit 1940 verursachte Strahlungsantrieb.
Ob ein Kondensstreifen Klimaeffekte hat, hängt auch von der geografischen Lage und dem Breitengrad des Fluges ab. Flüge über Nordamerika, Europa und der nordatlantischen Region waren 2019 für mehr als die Hälfte des globalen wärmenden Strahlungsantriebs (Radiative Forcing) durch Kondensstreifen verantwortlich. Auch die Tageszeit beeinflusst die Klimaauswirkungen. Kondensstreifen durch Abend- und Nachtflüge tragen am stärksten zur Erderwärmung bei. Auch die Jahreszeit spielt eine Rolle: im Winter ist der Effekt stärker.
[2] Einigen Studien zufolge wäre der Nutzen mehr als 100 Mal größer als die CO2-Strafe.
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