Press Release

Deutsche Autohersteller geben deutlich zu niedrige CO2-Gesamtemissionen an

September 28, 2022

BMW, Mercedes und VW gehören zu den fünf Autoherstellern, die Investor*innen am stärksten in die Irre führen, indem sie viel zu niedrige Emissionswerte für ihre Fahrzeuge ansetzen

Die Gesamtemissionen von Automobilherstellern sind im Durchschnitt 50 % höher als von ihnen offiziell angegeben, wobei Hyundai-Kia und BMW ihre Emissionen um 115 % bzw. 80 % zu niedrig angeben, so ein neuer Bericht von Transport & Environment (T&E). Mit der verpflichtenden Offenlegung von Scope-3-Emissionen (zum gesamten Lebenszyklus), die im Jahr 2023 eingeführt werden soll, werden es Vermögensverwalter*innen, deren Kunden in kohlenstoffintensive Automobilhersteller investieren, mit einer „tickenden Kohlenstoffbombe“ zu tun haben, so T&E.

Im Jahr 2023 wird die EU eine Vorschrift einführen, nach der Finanzinstitute ihre Scope-3-Emissionen (indirekte Emissionen) offenlegen müssen[1]. Die neue Vorschrift wird Anlegern, die in Automobilhersteller investieren, hart treffen. Anders als bei einem Möbelstück oder einem Mobiltelefon entsteht der Großteil (98 %) der Emissionen eines mit fossilen Kraftstoffen betriebenen Autos bei seiner Nutzung und nicht bei seiner Herstellung.

Doch wie die Analyse von T&E zeigt, sind die ohnehin schon hohen Scope-3-Emissionen der Automobilhersteller vermutlich weitaus größer als offiziell angegeben.

Luca Bonaccorsi, Direktor für nachhaltige Finanzen bei T&E, sagte: „Damit grüne Investitionen tatsächlich Wirkung entfalten, brauchen wir genaue Daten. Wenn BMW behauptet, dass die durchschnittliche Lebensdauer seiner Fahrzeuge nur 150.000 Kilometer beträgt, stimmt etwas absolut nicht. Leider ist BMW kein Einzelfall. Da kann man über die Behauptungen der Autohersteller, sie seien umweltfreundlich, nur den Kopf schütteln.

Automobilhersteller stützen ihre angegebenen Gesamtemissionen auf eine Reihe von Faktoren wie die durchschnittliche Größe der Fahrzeuge, Strecken, auf denen die Autos gefahren werden, und die Lebensdauer der Fahrzeuge. Auf Grundlage ausgewählter Daten haben die Automobilhersteller die Höhe der Emissionen deutlich niedriger ausfallen lassen. BMW zum Beispiel legt für die Berechnung der durchschnittlichen Emissionen seiner Fahrzeuge über die gesamte Lebensdauer die überaus unglaubwürdige Laufleistung von 150.000 Kilometern zugrunde.

Damit sind Automobilhersteller für Investor*innen in einigen Fällen kohlenstoffintensiver als die Ölindustrie. Zu heutigen Preisen finanziert eine Million Euro, die in Exxon Mobil, BP und Shell investiert wird, den Ausstoß von rund 5.000 Tonnen CO2-Äquivalent (CO2e)[2]. Mit demselben Betrag werden im Automobilsektor mehr als 4.500 t CO2e finanziert. In einigen Fällen sind die CO2-Emissionen sogar noch höher: rund 7.000 Tonnen bei Investitionen in Volkswagen.

Luca Bonaccorsi fügte hinzu: „Automobilhersteller sind fast genauso kohlenstoffintensiv wie die Ölindustrie. Dies sollte ein Weckruf für die Finanzbranche sein. Vermögensverwalter, die eine tickende Kohlenstoffbombe vermeiden wollen, müssen sich langsam von Autoherstellern verabschieden, die weiterhin umweltschädliche Autos verkaufen.

Das US-amerikanische Finanzinformationsunternehmen Morningstar schätzt, dass bis Ende 2022 rund 50 % aller neu verkauften Finanzprodukte auf ESG-Kriterien (Umwelt, Gesellschaft, Unternehmensführung) basieren werden. ESG-Ratings erfassen jedoch nicht die tatsächlichen Klimaauswirkungen der Unternehmen. 

Obwohl CO2-Emissionen die wichtigsten Umweltindikatoren sind, machen sie weniger als 1 % des ESG-Ratings von S&P und MSCI aus, zwei der weltweit führenden ESG-Indizes. T&E fordert die EU auf, die Methodik für ESG-Ratings zu regulieren und zu harmonisieren, um eine einheitliche und transparente Meldung von Daten zu gewährleisten.

 

ENDE

 

Hinweise an Herausgeber*innen

 [1] Die tatsächlichen CO2-Emissionen von Automobilherstellern werden im Jahr 2023 dank der obligatorischen Offenlegung von Scope-3-Emissionen (sowohl in der EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten als auch in der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen) offengelegt. Die verbreitetste Methode zur Berechnung der indirekten Emissionen basiert auf dem Treibhausgasprotokoll und der Berechnung der Scope-3-Emissionen.

[2] Dies basiert auf offiziellen Scope-3-Angaben von Autoherstellern und Ölgesellschaften, nicht auf den Schätzungen von T&E. Auch die Ölgesellschaften dürften ihre Scope-3-Emissionen deutlich zu niedrig angeben. 

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